Harald Lange ist nicht nur irgendein Mann. Stark sehbehindert, 34 Jahre alt, lebt er in Bad Homburg. Er arbeitet im Büro, aber auch als Masseur. In seiner Freizeit hat er zuerst die Musik für sich entdeckt und dann, ein paar Jahre später, den Laufsport.

So sieht es aus, mit dem ersten Blick. Aber der zweite verrät noch mehr. Denn Harald Lange ist erfüllt von Tatendrang. Ein Sportler, der das Risiko nicht scheut. Und der das Wort ‚aufgeben‘ scheinbar nicht kennt. Zumindest holt er alles aus sich heraus. Immer. Kämpft wie ein Löwe und rennt noch lange weiter, wenn andere die Strecke schon verlassen haben.

Im März 2014 hat Harald Lange an der BraveheartBattle teilgenommen. Das ist der härteste Hindernislauf in Deutschland. Tauchen, unter Stromzäunen durchkriechen, über Feuerstellen springen … Das alles hat er irgendwie geschafft. Ohne die Hindernisse abschätzen zu können, weil sein Sehvermögen dafür nicht ausreicht.

Ich durfte ihn auf seinem Weg begleiten. Von der Frage, ob er überhaupt für so ein Event zugelassen wird. Über die Vorbereitung, wo es um Training, die richtige Ausrüstung, aber auch um persönliche Schwächen geht. Risiken. Ängste. Keiner ist perfekt. Aber Harald Lange gelingt es sogar, bei der Bundeswehr zu trainieren. Weil er das, was für die BraveheartBattle erforderlich ist, alleine nicht bewältigen kann. Und weil er zu Hause keinen geeigneten Trainingspartner findet.

Er geht beim Rennen an den Start, kommt gut durch. Bis er sich verletzt …

Es war aufregend und für mich, als blinde Biographin, nicht weniger ermutigend, diesen Erfahrungsbericht zu schreiben. Am Anfang wussten wir beide nicht, was dabei herauskommen würde. Aber wir wollten es versuchen – das Rennen und das Buch.

Willensstark erscheint in der kommenden Woche beim vss-verlag Hermann Schladt als eBook. Ende November liegt der Titel außerdem als gedruckte Ausgabe vor.

Harald Lange ist ein Mensch, der vielen ein gutes Vorbild gibt. Besonders Behinderten zeigt er auf, dass sie mehr erreichen können, als sie jetzt vielleicht noch denken. Sie müssen nur wollen. Und glauben an das Potenzial, das in ihnen schlummert.

Inzwischen hat sich Harald Lange auch beim Limes Run gezeigt. Ähnlich wie die BraveheartBattle, mit Sicherheit genauso verrückt. Doch auf Dauer kann so ein Hindernislauf für ihn nicht alles sein. Wenn er die erste Hürde gemeistert hat, sucht er sich die zweite. Bleibt niemals stehen. Er braucht eine neue Herausforderung, die ihn wieder antreibt, die ihm Kraft gibt.

Deshalb versucht er sein Glück in wenigen Monaten beim Marathon des Sables, einem mehrtägigen Ultralauf unter extremen Bedingungen. In der Sahara.

Vielleicht schreiben wir dann ja wieder ein Buch.

Doch für den Moment kann ich, mit meinen persönlichen Erfahrungen, seinen Ehrgeiz nur bestätigen. Es tut gut, das Leben zu spüren. Sich durch die Behinderung nicht einschränken zu lassen. Und ich möchte Ihnen allen zurufen: Traut euch! Probiert etwas Besonderes aus und danach erzählt ihr anderen davon, in eurer persönlichen Geschichte.

© Daniela Preiß am 01. November 2014