Ist es nicht ein wertvolles Geschenk, die eigene Biographie zu schreiben? Oder schreiben zu lassen – ganz, wie Sie wollen. So oder so machen Sie sich dann noch einmal bewusst, was Sie alles erlebt, wie viel Sie bis heute erreicht haben.

„Aber wie“, fragen Sie jetzt, „fange ich an?“

Es gibt viele Wege, die zum Ziel führen. Aber einen, den ich bis heute nicht gemeistert habe. Deswegen erscheint er mir besonders reizvoll.

Bei einem Seminar in der Nähe von Paderborn forderte der Dozent dazu auf: „Versuchen Sie, Ihre Biographie in 30 Seiten zu packen. So, dass Sie Ihr Leben in eineinhalb Stunden vorstellen können.“

Wie soll das denn funktionieren? Ich konnte mich darüber nur wundern. Aber nein … Nicht grübeln, sondern handeln.

Also setzte ich mich hin und begann zu schreiben. Sicher hätte ich mir auch eine Struktur zurechtlegen können. Vorher beschließen, von wem oder was ich sprechen würde. Damit niemand hinten rausfiel, obwohl er mir wichtig war.

Ich schätzte allerdings, dass ich auf diese Weise nicht weit kommen würde. Es gab zu viel. Viel zu viel, das mir durch den Kopf schwirrte. Dabei war ich nicht einmal 30 Jahre alt. Wie sollte ein Mensch, der schon auf 60 oder 80 Jahre zurückblicken konnte, diese Aufgabe bewältigen?

Als ich mit meinen Zweifeln auf den Dozenten zugekommen war, hatte er nur gelacht.

Nun tippte ich auf meiner Computertastatur. Gerade so, wie mich Erlebnisse und Menschen berührten, schrieb ich etwas dazu auf. Ließ sie einfach vorüberziehen. Ich meinte, grübeln und planen könnte ich auch später noch. Vorher wollte ich die 30 Seiten schaffen. Und das, was mich zuerst beschäftigte, musste mir auch am meisten bedeuten.

Aber war es wirklich so einfach? An einem anderen Tag, zu einer anderen Zeit wären mir bestimmt auch andere Aspekte eingefallen.

Nach fünf oder sieben Seiten unterbrach ich den Versuch. Hilfe, so konnte das nichts werden. Ich verhedderte mich nur. Plauderte ein bisschen hier, ein bisschen da, ohne wirklich etwas zu erzählen. Jetzt blieben nur noch 25 Seiten übrig …

Von der Fülle an Erinnerungen, die mich bestürmten, fühlte ich mich fast erdrückt.

Also keine gute Idee, eine Biographie in 30 Seiten zu verfassen?

Wenigstens nicht in dem Moment. Ich wandte mich anderen Projekten zu. Immer mehr Aufträge kamen herein. Oder wenigstens Anfragen, ob ich nicht diese oder jene Biographie schreiben könnte. Matthias Matuschik, Harald Lange, Hesam Kokabpick … Mit ihren Büchern bin ich mittlerweile gut beschäftigt. So fehlt mir die Zeit, mich der eigenen Biographie zu widmen. Ich finde einfach nicht die nötige Ruhe. Trotzdem, ich habe mein Vorhaben nicht aufgegeben. Ich will es wieder versuchen. Vielleicht mögen Sie das ja auch einmal probieren? Und mir dann davon berichten, wie Sie es fertig bringen konnten.

30 Seiten … Das ist eigentlich noch Luxus. Ich habe schon etwas ganz anderes entdeckt. Zu einer Ausschreibung, „wir verfilmen Ihr Leben“, mussten sich Interessierte bewerben, indem sie wichtige Stationen in fünf Seiten skizzierten. Doch nicht stichpunktartig wie bei einem Lebenslauf, sondern in einem schönen, literarischen Text. Wer so etwas beherrscht, hat meiner Meinung nach die größte Nuss geknackt.

Daniela Preiß

www.daniela-preiss.de