Mir macht es Kopfzerbrechen. Auch löste es in den letzten Tagen heiße Diskussionen am Familientisch aus. Das „Flüchtlingsproblem“. Nun, man nimmt es in den Medien so wahr, es ist wohl ein Problem, dass immer mehr Menschen in Deutschland Zuflucht suchen.

Sei´s drum. Ich hatte in den letzten Tagen die Idee, ein Erzähl-Café in meiner Nachbargemeinde zu veranstalten. Macht das Sinn? Ich frage mich dass, weil ich, neben den täglichen Medieninformationen, in meinem persönlichen Umfeld mit dem Thema konfrontiert wurde. Meine Tochter ist mit einem Syrer liiert. Er kam vor ungefähr 12 Jahren ganz „normal“ nach Mitteldeutschland, um Medizin zu studieren und ist nun Arzt in einem deutschen Krankenhaus. Eigentlich wollte er mit seinem hier erworbenen Wissen zurück in sein Heimatland, um dort als Mediziner zu arbeiten. Durch den Bürgerkrieg kann er das nicht mehr. Mehr noch. Der Bruder sollte in Syrien an die Waffen, flüchtete nach Jordanien, und konnte nun nach Deutschland kommen, hat Asyl beantragt. Auch andere Familienmitglieder musste vor kriegerischen Zuständen ihr Land verlassen, sind ebenfalls zum Teil hier gelandet. Der Alltag meiner Tochter und ihres Freundes ist davon bestimmt, neben ihren Jobs als Psychologin und Arzt, den Angehörigen zu helfen. Eine Sorge dabei, die Eltern des Freundes verharren noch immer mitten im Kriegsgebiet – und kommen nicht hierher. Eine neue Sprache, eine sehr fremde Kultur? Könnten Sie hier fußfassen? Sie können sich das nicht vorstellen in ihrem betagten Alter.

Eine andere Stimme aus meinem Umfeld erzählt mir: „Ich bin für die Unterfünfte zuständig (in einer 6000Seelen Gemeinde). Wir haben Platz gemacht für die Flüchtlinge, in leerstehenden Häusern. Die haben wir renoviert und Leute sind eingezogen. Von Anfang an geht ständig etwas kaputt, Fensterscheiben, Möbel, … einmal sollte ich im Haus wieder etwas reparieren, ich öffne die Tür, da kommt mir Rauch entgegen, ich denk, um Himmels willen! Renn in die Küche, wo der Qualm herzukommen schien, sehe einen Topf, glühend, ein Bewohner kommt dazu, reißt das Teil ins angrenzende Waschbecken, ich drehe den Regelknopf auf 0. Der Bewohner zuckt mit den Achseln … und ich hab mich an die dritte zerschlagene Fensterscheibe gemacht.“

Mein Vater musste auch flüchten, vor über 70 Jahren. Damals hieß es, „Heim ins Reich“, und die Deutschstämmigen sollten zurück in die Heimat. Erst heute, im hohen Alter, erzählt er, wie verächtlich sehr viele Menschen damals mit den Flüchtlingen umgegangen sind. Als Kind und Jugendlicher war er ein Mensch zweiter Klasse, warum hat er nie verstanden, wie auch … Heute höre ich von vielen älteren Mitmenschen, dass „die Flüchtlinge“ gut für die neue BRD waren, haben mit angepackt und mitgeholfen, dem Land wieder auf die Beine zu helfen.

Wenn die Eltern des jungen Arztes nach Deutschland kämen, wie könnten wir sie hier so willkommen heißen, dass sie keine Angst vor der Fremde haben müssten? Wie kann ich verstehen, dass im Flüchtlingshaus ständig Dinge zerstört werden? Ist es möglich, in einem fremden Land eine neue Heimat zu finden? Spontan denke ich mir, da müsste man mit den Leuten reden. Und dann kommt mir die Idee, ein spezielles Erzähl-Café zu veranstalten. Einheimische und Flüchtlinge einzuladen, mit Dolmetscher natürlich, und dann versuchen, ganz direkt und nicht eben nur abstrakt über die Medien zu erfahren, was ist das, das „Flüchtlingsproblem“. Ist es das überhaupt? Was sind das für Menschen, die ihr Zuhause verlassen? Würden die Menschen überhaupt an so einer Zusammenkunft teilnehmen? Ich habe es noch nicht probiert, zögere, weil auch mir das alles neu ist und irgendwie fremd …